Den wissenschaftlichen Konsens anerkennen.
Den wissenschaftlichen Konsens anerkennen.
CRISPR/Cas darf nicht unter das Gentech-Moratorium fallen.
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Grüne Biotechnologie nutzen, nicht ausbremsen

Bis 2050 muss die Landwirtschaft 50 Prozent mehr Nahrungsmittel bereitstellen. Angesichts von Klimawandel und globalem Bevölkerungswachstum sind innovative Ideen zur Nahrungsmittelproduktion dringend gefragt. Ansätze der Grünen Biotechnologie werden einen wichtigen Beitrag leisten und können neben anderen Innovationen dafür sorgen, dass die Welt nachhaltiger ernährt werden kann. So hat die Genschere CRISPR/Cas9, für die Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna 2020 den Chemie-Nobelpreis erhielten, die Pflanzenzucht bereits heute zum Wohle aller revolutioniert. Es ist höchste Zeit, dass auch die Schweiz den neuen Züchtungsmethoden eine Chance gibt.

Historischer Entscheid des Parlaments – jetzt muss der Bundesrat liefern

National- und Ständerat haben Anfang 2022 beschlossen, dass die jahrelange Blockadepolitik in der Gentechnik teilweise enden soll: Der Bundesrat muss bis Mitte 2024 einen Erlassentwurf ausarbeiten, der eine
risikobasierte Zulassungsregelung für Pflanzen ermöglicht, die mittels Methoden der neuen Züchtungsmethoden gezüchtet und denen kein transgenes Erbmaterial eingeführt wurden. Zwar wird das Moratorium für die klassische Gentechnik weitergeführt. Doch für die modernen Züchtungsmethoden steht die Tür einen Spalt offen.

Der Entscheid im Parlament ist ein schöner Etappenerfolg. Nun ist es am Bundesrat und der Verwaltung einen zukunftsgerichteten Erlass auszuarbeiten. Leider ist das hierbei federführende Bundesamt für Umwelt (BAFU) traditionell kritisch gegenüber neuen Züchtungsmethoden eingestellt. Gut möglich, dass 2024 ein Erlassensentwurf präsentiert wird, welcher keine wirkliche Verbesserung im Vergleich zum Status Quo bringen wird.

Etwas Hoffnung gibt der Umstand, dass die oberste politische Führung wechselt. Die abtretende Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat bis zuletzt aus ihrer ablehnenden Haltung gegenüber den neuen Züchtungsmethoden nie einen Hehl gemacht. Mit Albert Rösti übernimmt nun ein Agraringenieur das UVEK und damit das BAFU. In seiner Rolle als Berner Nationalrat hat er für die Ausarbeitung einer Zulassungsbestimmung gestimmt. Gut möglich also, dass Bundesrat Rösti neue Akzente setzen wird, auch beim Bundesamt für Umwelt.

Klar ist, dass die Stimme der relevanten Wissenschaft gerade auch in dieser Phase der Gesetzgebung gehört werden muss. Wie wichtig dieses Engagement ist, zeigte sich unlängst, als die vom Bundesrat eingesetzte Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) einen Bericht veröffentlichte, in dem gefordert wird, dass die modernen Pflanzenzüchtungsmethoden weiterhin verboten werden sollen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die fachfremden Bedenkenträger in den Berner Amtsstuben Gehör finden werden. Hier gilt es Gegensteuer zu geben.

Denn es ist klar: Eine risikobasierte Zulassungspraxis ist das Gebot der Stunde. Wir sind noch nicht am Ziel, aber auf gutem Weg.

Neue Techniken erlauben es, zielgerichtete Veränderungen im Erbgut einer Pflanze vorzunehmen und ihren Eigenschutz zu verbessern. Im Resultat unterscheidet sich die Methodik nicht von herkömmlichen Züchtungsmethoden. Nur muss die Pflanzenzüchtung über Jahrzehnte auf Zufälle warten. Genom-Editierung mit den gängigen Verfahren der Gentechnik gleichzustellen, wird dem Stand der Wissenschaft nicht gerecht. Es braucht eine differenzierte gesetzliche Grundlage.

News

Forscherinnen und Forscher fordern ein produktbasiertes Zulassungsverfahren!

Dieser Aufruf der Wissenschaft fordert ein Ende der unbegründeten Verbotspolitik für moderne Pflanzenzüchtungsmethoden. Es ist Zeit für ein produktbasiertes Zulassungsverfahren für genom-editierte Pflanzen. Der Bundesrat wurde vom Parlament beauftragt eine zukunftsträchtige Regulierung auszuarbeiten. Wir hoffen, dass der Anbau und der Verkauf von genomeditierten Pflanzen schon bald auch in der Schweiz erlaubt sein wird.

2005 haben Volk und Stände ja gesagt zu einem Gentechnik-Moratorium. Seither wird dieses alle vier Jahre erneuert, obwohl bereits 2012 das Nationalfondsprojekt 59 die Unbedenklichkeit der Gentechnik im Bereich der Pflanzenzucht nachgewiesen hat. Aus Sicht der Forschung wird die Diskrepanz zwischen wissenschaftlichem Konsens und der politischen Regulierung mit jeder Verlängerung stossender.

Die Forschung hat seit der Einführung des Moratoriums vor 16 Jahren Quantensprünge gemacht. Neue Methoden wie die Genschere haben die Pflanzenzucht regelrecht auf eine neue Ebene katapultiert. Wenn diese neuen Methoden automatisch dem Moratorium unterstellt werden, kommt dies einer Verschärfung der gesetzlichen Rahmenbedingungen gleich. Ein solcher Schritt lässt sich wissenschaftlich in keiner Weise rechtfertigen.

Die Ansätze der Genom Editierung bieten grosse Chancen für mehr Nachhaltigkeit. Mit Genscheren wie der CRISPR/Cas können Kulturpflanzen so präzise modifiziert werden, wie nie zuvor. So ist es möglich einen verbesserten Eigenschutz von Pflanzen zu erzielen. Resistenzen vermindern den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Ernten können gesichert und Ressourcen geschont werden. Gerade auch mit Blick auf die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen, welche der Klimawandel und das globale Bevölkerungswachstum bereithalten, ist es uns unbegreiflich, warum man diese Lösungsansätze blockieren will.

In vielen Ländern werden längst Sorten angebaut, welche genetisch auf die eine oder andere Weise editiert wurden. Und genau wie die Ergebnisse von zahlreichen Studien und Langzeitprojekten, welche die Risiken der Gentechnik für Mensch und Umwelt erforschten, hat auch deren Aussaat keine negativen Auswirkungen zu Tage gefördert. Der wissenschaftliche Konsens hinsichtlich der Sicherheit von Gentechnik ist somit gegeben. 

Es ist an der Zeit, dass auch die Schweiz zu einer Politik übergeht, welche das einzelne Produkt bewertet und nicht vorsorglich methodische Ansätze und vielversprechende Technologien verbietet. Eine evidenzbasierte Gesetzgebung scheint uns gerade in heutigen Zeiten elementar.

Für uns ist klar, dass genom-editierte Pflanzen nicht per se als gentechnisch verändert eingestuft werden können. Wir fordern eine produktbezogene Zulassung und wehren uns gegen pauschale Verbote.

Dr. Teresa Koller, Universität Zürich
Dr. Angela Bearth, ETH Zürich
Prof. Beat Keller, Universität Zürich
Dr. Jörg Romeis, Universität Bern
Prof. Sebastian Soyk, Université de Lausanne
Prof. Bruno Studer, ETH Zürich
Prof. Daniel Croll, Université de Neuchâtel
Prof. Markus Affolter, Universität Basel
Prof. Wilhelm Gruissem, ETH Zürich
Dr. Manuela Dahinden, Zurich-Basel Plant Science Center
PD Dr. Thomas Wicker, Universität Zürich
Dr. Norbert Kirchgessner, ETH Zürich
Dr. Roland Kölliker, ETH Zürich
Prof. Niko Geldner, Université de Lausanne
Prof. Christian Fankhauser, Université de Lausanne
Prof. Christian Hardtke, Université de Lausanne
Prof. Philippe Reymond, Université de Lausanne
Prof. Joop Vermeer, Université de Neuchâtel
Dr. Philipp Aerni, Center for Corporate Responsibility and Sustainability, Universität Zürich
Prof. Ueli Grossniklaus, Universität Zürich
Prof. Matthias Wymann, Universität Basel
Prof. Alexander Schier, Universität Basel
Sabrina Flütsch, ETH Zürich
Florian Schwanke, Universität Zürich
Nicole Härter, Universität Zürich
Vinay Shekhar, Universität Zürich
Markus Kolodziej, Universität Zürich
Lucas Waser, Universität Zürich
Victoria Widrig, Universität Zürich
Tiago Meier, Universität Zürich
Prof. em. Reinhard Bachofen, Universität Zürich
Alex Plüss, Universität Zürich
Dr. Christof Eichenberger, Universität Zürich
Dr. Kinga Rutowicz, Universität Zürich
Stephanie Bräunlich, Universität Zürich
Martha Thellmann, Universität Zürich
Daniel Grogg, ETH Zürich
Susanne Dora, ETH Zürich
Dr. Alain Grogg, Haute école spécialisée de suisse occidentale
Henning Mühlenbeck, Universität Zürich
Jana Mittelstrass, Universität Zürich
Oliver Reutimann, ETH Zürich
Dr. Thomas Bürglin, Universität Basel
Anugraha Mathew, Universität Zürich
Zoe Bernasconi, Universität Zürich
Florian Goettelmann, ETH Zürich
Rebecca Leber, Universität Zürich
Beatrice Manser, Universität Zürich
Aline Herger, Universität Zürich
Dr. Manuel Poretti, Institute of Plant Sciences, Universität Bern
Anna Spescha, ETH Zürich
Dr. Elisabeth Truernit, ETH Zürich
Dr. Alexander Haindrich, Universität Bern

 

Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforscher:

Xavier Gaudet, Universität Zürich
Anna Glaus, Universität Zürich
Elina Leu, Universität Zürich
Philippe Gadient, Universität Zürich
Elena Zahner, Universität Zürich
Natalie Judkins, Universität Zürich
Mauro Gwerder, Universität Bern
Lara Gafner, ETH Zürich
Esther Jung, Universität Zürich
Milena Amhof, Universität Zürich
Ursin Stirnemann, Universität Zürich
Stefan Lindner, Universität Zürich
Gabor Kadler, Universität Zürich
David Stähli, ETH Zürich
Charlotte Kaufmann, ETH Zürich
Marc Beringer, Universität Freiburg
Cyrill Hofer, Universität Zürich
Kai Steffen Bartusch, ETH Zürich

Die Stimme der Wissenschaft

Wissenschafterinnen und Wissenschaftern, die den Aufruf «Science for CRISPR» unterstützen, forschen an Schweizer Universitäten, Hochschulen und weiteren Forschungseinrichtungen. Dem wissenschaftlichen Konsens wird hier eine Stimme gegeben. Diese ist für den Forschungsstandort Schweiz wichtiger denn je. Werden Sie Teil davon und helfen Sie mit, dass der Anbau von genomeditierten Pflanzen nicht pauschal unter das bestehende Gentechnikgesetz gestellt wird. 

Die neuen Züchtungsverfahren erklärt

©J.l. Cereijido / EPA
  • Wachsende Bevölkerung und wärmeres Klima zwingen uns zu Innovation in der Lebensmittelproduktion.
  • Die grüne Biotechnologie bietet Antworten auf globale Herausforderungen in der Landwirtschaft.
  • Zwei Forscherinnen haben 2020 mit CRISPR/Cas9 den Nobelpreis gewonnen. Der wissenschaftliche Konsens ist klar.
  • Die Genom-Editierung pauschal unter das bestehende Gentechnikgesetz zu stellen, greift zu kurz. 
  • Das Gentech-Moratorium ist der falsche Weg zur gesetzlichen Regelung von CRISPR/Cas.