Schluss mit dem Stillstand

In der Schweiz gilt seit dem Jahr 2005 ein Gentech-Moratorium. Es verbietet den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen. Die Gesetzgebung hinkt der Wissenschaft weit hinterher.

Das Moratorium geht auf die «Gentechfrei-Initiative» zurück, welche ein befristetes Verbot der Gentechnik in der Landwirtschaft für fünf Jahre forderte. Nach Ablauf der Fünfjahres-Frist wurde das Moratorium bisher dreimal (2010, 2014, 2017) verlängert. Aktuell gilt das Verbot noch bis Ende 2021. Mitte November 2020 hat der Bundesrat einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der vorsieht, das Moratorium um weitere vier Jahre zu verlängern.

Verbot für grüne Biotechnologie
In den letzten 20 Jahren hat sich die Gentechnik rasant weiterentwickelt. Neue Verfahren wie die Genom-Editierung ermöglichen eine äusserst präzise Anwendung. Eine Differenzierung zwischen Gen- und Biotechnologie ist häufig unmöglich. Die Genschere CRISPR/CAS hat das Potential, die Landwirtschaft ökologischer, effizienter und klimaschonender zu machen. Doch der Bundesrat will auch sie dem Moratorium unterstellen. Das ist aus wissenschaftlicher Perspektive nicht nachvollziehbar. Faktisch wird so die grüne Biotechnologie verboten. Ein schlimmes Signal für den Forschungsstandort Schweiz.

Nachhaltige Landwirtschaft
Vor dem Hintergrund einer wachsenden (Welt-)Bevölkerung, des Klimawandels und zunehmendem Schädlingsdruck sind innovative Möglichkeiten zur Nahrungsmittelproduktion dringend gefragt. Mithilfe der Genschere können Pflanzensorten gezüchtet werden, die weniger Wasser, weniger Dünger, weniger Pflanzenschutzmittel und letztlich auch weniger Landfläche verbrauchen. Und im Unterschied zur herkömmlichen Züchtung muss die Pflanzenforschung nicht über Jahrzehnte auf Zufälle warten. Die Entdeckerinnen der Genschere wurden kürzlich mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Will die Schweiz als Innovations- und Wissenschafsstandort an der Spitze bleiben, kann sie sich den Stillstand in der grünen Biotechnologie nicht leisten.

Auf die Wissenschaft hören
Politische Entscheide über neue Techniken müssen zwingend auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse gefällt werden. Die Faktenlage ist klar: Es herrscht in der Wissenschaft ein breiter Konsens, dass die Anwendung der Genom-Editierung bei Nutzpflanzen für Mensch und Umwelt unproblematisch ist. Wissenschaftliche Erkenntnisse dürfen nicht bloss selektiv akzeptiert werden. Sie müssen auch dann Gehör finden, wenn sie politisch auf Widerstand stossen. Das Gentech-Moratorium ist in seiner jetzigen Form nicht mehr zeitgemäss. Es braucht eine Debatte über die Zukunft von Gen- und Biotechnologie in der Schweiz.